Lost Places, Höhlen und schwere Wanderungen auf Mallorca

Nach all den erkundeten Lost Places in Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie Mecklenburg, Brandenburg und Sachsen war es an der Zeit, einen Abstecher nach Mallorca zu unternehmen. Als Inspiration diente ein Beitrag zum Thema T5-Cachen auf Mallorca im Geocaching Magazin 6/2011. Um das bis dato bestehende Bild von Mallorca stand es sehr schlecht. Die Insel bedeutete für uns saufende und im Flugzeug nach der Landung klatschende Pauschal-Urlauber, die tagsüber am Strand ihre unförmigen Körper grillen, abends im Oberbayern unrhythmisch zuckend herumtorkeln und die Nacht in einer der zahlreichen Bettenburgen zusammengefercht verbringen.

Doch weit gefehlt. Die 3.640 km² große Insel ist ein Paradies für Wanderer, Urbexer und Wagemutige. Zum einen befindet sich im Nordwesten das Gebirge "Serra de Tramuntana", das seit 2011 zum UNESCO Welterbe zählt. Der Puig Major ist mit seinen 1.445 Metern der höchste Punkt des Gebirgszugs und der gesamten Insel - aus Mangel an weiteren Gebirgen. Das Gebiet ist bisher vom Massentourismus verschont geblieben und bietet eine wilde Landschaft und ursprüngliche Vegetation. Zum anderen findet man auf Mallorca entlang der Küste zahlreiche verlassene militärische Anlagen aus der Regierungszeit Francos. Bereits im Jahre 1936 hatte Franco die Insel eingenommen und errichtete nach der erfolgreichen Abwehr der republikanischen Truppen eine ausgedehnte Küstenverteidigungslinie und erweiterte Flughäfen und Hafenanlagen. Diese waren während des 2. Weltkriegs Ausgangspunkt deutscher und italienischer Angriffe auf das spanische Festland.

Für unseren ersten Aufenthalt auf Mallorca wählten wir eine auf der Insel zentral gelegene Finca in der Nähe von Costitx. Wir flogen relativ preiswert mit Air Berlin von Leipzig nach Palma de Mallorca und besorgten uns einen kleinen Mietwagen über CarDelMar. Als Zusatzpaket buchten wir einen - dringend empfohlenen - Versicherungsschutz für Glas und Unterboden. Unsere Ausrüstung - die problemlos ins Reisegepäck passte - setzte sich wie folgt zusammen:

  • alte Klamotten, stabile Rucksäcke
  • knöchelhohe Wanderschuhe (B-Schuhe)
  • 1 Seil 60m, 1 Seil 30m
  • 2 Seilschoner
  • Klettergurte
  • HMS, Karabiner
  • Bandschlingen
  • Kong Futura Handklemme, Kong Futura Fußsteigklemme
  • Helm mit Aufsätzen für Kamera und Licht
  • Taschen- und Kopflampen sowie UV-Lichter
  • haufenweise Akkus
  • zig Ladegeräte
  • 2 Laptops
  • Kamera, GoPro, sonstige Filmausrüstung
  • erweiterte Cacher-Ausrüstung mit flexiblem Spiegel, Pinzette etc.

Das Hauptaugenmerk unseres Trips legten wir auf Lost Places und dabei besonders auf die Festung "Fuerte De Illetas". Das Objekt war eine von 2 militärischen Einrichtungen, die speziell der Verteidigung des Hafens von Palma diente und mit Seezielbatterien (anfangs Kanonen, später Haubitzen) ausgestattet war. Das Fort wurde auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe der Ortschaft Illetas 150m über dem Meeresspiegel errichtet. Das Gelände nimmt eine Fläche von ca. 30.000 m² ein. Im Jahre 1897 begannen die Bauarbeiten und im Dezember 1903 wurde das Objekt offiziell an die spanische Artillerie übergeben. Zum Ende des 2. Weltkriegs entstand auf dem Gelände ein erstes Gefängnisgebäude. Nach dem Krieg wurde das gesamte Fort als Gefängnis genutzt. Einer Quelle zufolge fanden hier sogar Hinrichtungen statt. Im Winter 1996/ 97 wurde das Fort aufgegeben und ging im gleichen Jahr in Privatbesitz über. Seit 2003 besteht ein besonderes kulturelles Interesse an dem Gelände - was auch immer das bedeutet, denn das Gelände verwahrlost zusehends.

An der einzigen Zugangsbrücke befinden sich ein Verbotsschild und hohe Zäune mit Stacheldraht, doch zahlreiche Einheimische gehen auf dem Gelände Joggen oder mit ihren Hunden Gassi. Viele Wände sind mit Graffitis und Tags beschmiert und etliche Dächer der "eingegrabenen" Unterkünfte sind abgedeckt bzw. eingestürzt. In einem großen unterirdischen Lager hat der Holzfußboden gebrannt. Die meisten beweglichen Objekte sind Schrottdieben zum Opfer gefallen. Einzig ein Dieselmotor und eine riesige Munitionspresse wurden zurückgelassen. Der um das Objekt verlaufende 5m breite und ebenso hohe Graben ist zugewachsen und auch sonst hat die Natur das Gelände zurückerobert. Nichtsdestotrotz ist das Fuerte De Illetas einen Ausflug wert. Leider ist der herausfordernde Cache "Braveheart - The Fighters of Fuerte De Illetas" archiviert, doch es gibt eine Letterbox Edition, die ebenfalls über das Gelände führt.

Ein weiteres großes Lost Place Highlight sind die bereits angesprochenen, zahlreichen verlassenen militärischen Stellungen entlang der Küste. Ein guter Ausgangspunkt für die Erkundung eines weitläufigen und sehenswerten Abschnittes ist El Toro im Südwesten der Insel. Hier gibt es Feuerleitstände und andere, kleinere militärische Gebäude sowie kilometerlange unterirdische Gänge, die in Beobachtungsbunkern an der Steilküste enden. Besonders beeindruckend sind die unter der Erde gelegenen Räumlichkeiten. Hier entdeckten wir beispielsweise Munitionskammern und Maschinenräume. Leider ist hier ebenfalls viel zerstört oder entwendet worden. Einen guten Einstieg - im wahrsten Sinne des Wortes - bieten die Geocaches der "Zona M" Serie. Aktuell gibt es 16 solche Caches, die alle zu militärischen Objekten auf der Insel führen. Allerdings sind zur Zeit 6 Caches archiviert; die Örtlichkeiten dahinter existieren mit Sicherheit noch.

Unser 5-tägiger Trip hat bei Weitem nicht ausgereicht, um all die interessanten Lost Places auf der Insel zu besuchen. So schafften wir es nicht mehr, im zivilen Lost Place Hotel "Es Pas" im Süden Mallorcas einzuchecken. Denn wir benötigten noch ein bisschen Sonne und wollten Natur und atemberaubende Ausblicke geniesen. Letzteres gibt es bspw. beim Abseilen zu einer der zahlreichen Geocaches der Serie "Rope Experiences". Wir knöpften uns Nummer 4 vor. Die Anfahrt war zwar recht lang und der Abstieg etwas mühselig, doch die Kulisse war phänomenal und die untergehende Sonne verwöhnte uns mit stimmungsvollen Momenten.

Ein weiteres unvergessliches Erlebnis war der Besuch der "Señora Na Mitjana" in der Nähe von Font de sa Cala im Osten der Insel. Bei dieser Höhle scheint es sich um kein "offizielles" Touristenziel zu handeln. Zum einen ist der Zugang recht schwierig, denn mittlerweile gibt es keine Leiter mehr, die in das Höhleninnere hinabführt. So benötigt man entsprechende Austüstung für den Aufstieg am Fixseil. Zum anderen liegt der Eingang an der Steilküste. Trittsicherheit ist essentiell, um auf den abschüssigen Platten nicht auszurutschen und in die tosende Brandung zu stürzen.

Auch ist das bloße Finden des Eingangs schon recht schwierig, da die Koordinaten relativ ungenau waren bzw. unser GPS eine hohe Ungenauigkeit hatte. So sind wir anfangs an einer ausgesetzten Stelle in das falsche Loch gekrochen. Den Fehler bemerkten wir schnell und entdeckten nach einer ausgedehnten Suche auch den richtigen Einstieg. Doch die unter Einheimischen bekannte Höhle ist alle Strapazen wert. Unterirdisch strömt Meereswasser in das Höhleninnere, so dass die Ohren und die Seele vom Plätschern und Rauschen des Wassers liebkost werden. Die Stalaktiten und Stalagmiten sind gigantisch und berauschend in Form und Farbe. Wenn ich eine Wertung vornehmen müsste, würde ich diese Höhle allen Lost Places auf Mallorca vorziehen ;)

Für all die spannenden Geocaching Möglichkeiten haben wir einige Bookmark Listen von interessanten Caches erstellt. In diesem Sinne, viel Freude auf der Insel und immer schön beim Landen des Fliegers klatschen ;)

Quellen

2 Kommentare für "Lost Places, Höhlen und schwere Wanderungen auf Mallorca"Schreibe Deinen

  1. Ich war mittlerweile zweimal auf der Insel zum Cachen... Die Planung für nächstes Jahr hat gerade begonnen. Dabei bin ich auf diesen coolen Artikel gestoßen.

    Nachdem wir letztes Jahr im Südwesten unterwegs waren (Zona M, DSOM - Minero las piedras, Cala Fornells und Richtung Cap Andritxol) wollen wir uns mal den Nordwesten vornehmen.

    Auf meiner Webseite http://hhweb.de findest Du einige Artikel - da ist bestimmt auch etwas für dich dabei!

    Danke für den interessanten Artikel.

  2. Hallo R.F. Carter und danke ebenfalls für das Lob. Schön, dass du aus meinem Artikel etwas mitnehmen konntest :) und Respekt vor der Arbeit, die du dir auf deiner eigenen Seite machst. Aktuell arbeite ich hier an einer Blogroll - da können wir uns dann gerne vernetzen :)

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