Die Kleinstadt Schleusingen im Süden des Thüringer Waldes mag nicht sonderlich bekannt sein. Allerdings hat sie einiges zu bieten, allem voran Zivilcourage und soziales Engagement. Besondere Anerkennung verdienen die Einwohner der Stadt aufgrund ihrer vorbildlichen und erfolgreichen Aktion gegen das Fussfassen der NPD im Stadtgeschehen.
An kulturellen und wirtschaftlichen Einrichtungen findet man in Schleusingen das Schloss Bertholdsburg, die Teutsche Schule, ein Rehabilitationszentrum, ein ehemaliges Akutkrankenhaus (das nun Teil der Henneberg-Kliniken ist) und das MEGA-Einkaufszentrum sowie den Bergsee Ratscher. Des Weiteren waren ein Schlachthof und das Kur-und Kinderheim "Hilde Coppi" wichtiger Bestandteil von Schleusingen.
Obwohl die beiden zuletzt genannten Einrichtungen die Stadt - nach eigenen Aussagen - geprägt und zahlreiche Schleusinger mit Lohn und Brot versorgt haben, findet man - zumindest online - nicht viel Erhellendes über diese Lost Places.
Die Geschichte des Kur- und Kinderheims ist schnell erzählt. Das Objekt wurde 1892 errichtet. Anfangs wurde es als Anstalt für Taubstimme genutzt. Gut 30 Jahre nach der Eröffnung erweiterte man den bestehenden Bau um zwei neue Häuser. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Heim nach der Widerstandskämpferin Hilde Coppi benannt. Sie wurde 1942 verhaftet und nach der Geburt ihres Kindes am 5. August 1943 enthauptet. Das Kinderheim in Schleusingen ist allerdings nicht die einzige Einrichtung mit dem Namen "Hilde Coppi". Daneben gab es weitere Objekte in Bernburg und Gernrode.
Über die Zustände in Schleusingen findet man dagegen sehr negative Aussagen. Einige Quellen sprechen von Misshandlungen, Kinderarbeit und Psychiatrie sowie experimentellen Untersuchungen. Der Wahrheitsgehalt lässt sich nicht feststellen und erscheint nicht nur äußerst spekulativ, sondern auch stereotypisch.
Das Kinderheim "Hilde Coppi" ist - wahrscheinlich aufgrund eines Brandes - seit 1994 geschlossen und verfällt seitdem rasant. Aufgrund eines Skelettfundes etwas oberhalb des Komplexes findet dieser Lost Place in Thüringen eine kurze Erwähnung in den Medien. In den Jahren des Leerstands wurde der natürliche Verfall durch Vandalismus und weitere Brände beschleunigt. In der Nachbarschaft des Objekts wohnen sehr aufmerksame und eskalierende Bürger. Die Gebäude sind mittlerweile stark einsturzgefährdet.
Im Jahr 2014 engagierte sich Schleusingen erneut gegen lokale Rechtsextreme. Tommy Frenck - der auch im o.g. Artikel die Hauptfigur war - und sein "Bündnis Zukunft Hildburghausen" wollten das Kinderheim erwerben. Die Stadt machte von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch und erwarb das Objekt und einige weitere Immobilien, um sie so vor dem rechten Zugriff zu sichern. Nun ist Schleusingen auf der Suche nach einem Investor, Käufer oder Pächter.
Ein sehr schönes Video,werden uns demnächst wahrscheinlich auch mal auf den Weg dorthin machen ;)
Ich war letzte Woche am Ort und war erschrocken, wie verfallen das ehemalige Kinderheim nun ist. Ob ich selbst dort als Kind wohl geboren wurde, will ich nun herausfinden. jedenfalls habe ich recherchiert, das ich 1956 dort als Säugling bis 1960 zugebracht habe. Nun suche ich nach zeitzeugen, die eventuell etwas über diesen Ort meiner frühesten Kindheit etwas erzählen können. Mittlerweile bin ich 64 Jahre und weiß immer noch nict genau, wo ich geboren bin, da ich 1963 adoptiert wurde, nach erfurt kam und nun mittlerweile über 45 Jahre in Rostock lebe.
Kommt man aus Richtung Ilmenau, sieht man die Ruine des Hilde-Coppi-Heimes vor sich. Mittlerweile kein schöner Anblick mehr und als alten Schleusinger tut es einem in der Seele weh,das immer wieder vor sich zu sehen. Nun ja, der damalige Bürgermeister, "Sparfuchs von Schleusingen" genannt, hat vom Vorkaufsrecht der Stadt Gebrauch gemacht. Was hat´s gebracht ? Das Coppiheim gehörte einfach zur Stadt und und viele Schleusinger werden sich noch an die Pfauenrufe erinnern, die täglich über der Stadt zu hören waren. Wir haben als Schulkinder im Heim unseren "Jungen Sanitäter" gemacht und waren oft zu Besichtigungen eingeladen.Schaue ich mir das Fotoalbum meines Vaters an, so sehe ich im kleinen Innenhof meinen Großvater Ludwig Lenz, der dort während der NS-Zeit als Reichsluftschutzwart von Schleusingen seine Luftschutzübungen durchführte. Er wurde nach Kriegsende von den Sowjets in verschiedenen Lagern interniert und verstarb 1950 kurz nach seiner Entlassung an Unterernährung. Unrühmliche Schleusinger Geschichte, die man aber nicht unerwähnt lassen darf. Gut auch, daß es mit dem Kauf der Gebäude durch die neuen "Ewiggestrigen" nicht geklappt hat. Besser Pfauenrufe als Rechtskonzerte, da sind wir uns wohl einig. Wie es nun mit dem Heim weitergehen soll, steht wohl in den Sternen . Bestimmt Abriß. Das Grundstück wird bei Bauspekulanten bestimmt gut ankommen !
Ich weiß ja nicht, wie es später dort war. Ich bin im Dezember 1950 für vier Wochen zu einer Erholunskur dort gewesen.
Das erste Mal von zu Hause weg, hatte ich furchtbares Heimweh. Deshalb durften mir meine Eltern weder zu meinem sechsten Geburtstag noch zu Weihnachten etwas schicken. Das hat meinem Heimweh nicht geholfen, obwohl ich vom Heim kleine Geschenke, wie z.B. regionaltypisches gedrechselten Kinderspielzeug bekam. Den Mittagsschlaf auf der Terrasse versuchte ich zu meiden. Ich wollte lieber im Zimmer in meinem Bett bleiben, weil man von dort die Eisenbahn sehen konnte, die nach Hause fuhr. Mein schlimmstes Erlebnis war, daß ich Erbsensuppe, die ich heute auf jeden Fall gerne esse, damals erbrochen habe wieder essen sollte. Nachdem ich auch das nicht vertragen habe, hat die Schwester den Blechteller genommen, mich an der anderen Hand und ist mit mir in den Waschraum gegangen. Dort sollte ich das bereits zweimal erbrochene wieder essen.
Irgendwie bin ich dann gegen den Teller gestoßen, sodass der mitsamt dem Inhalt ins Waschbecken rutschte.
An weiteres kann ich mich kaum erinnern.
Ich habe, obwohl ich stark unterernährt war exakt ein Pfund zugenommen.
Danke W. L. für Ihren Kommentar. Ihre Schilderung hat mich berührt und schockiert. Ich habe lange überlegt, ob ich Ihren Kommentar hier veröffentlichen soll. Ich habe mich dafür entschieden, weil es eine Schilderung zu den Umständen der damaligen Zeit ist. Ich habe Ihren Namen in Initialen geändert, um Ihre Identität zu schützen. Danke für Ihre Offenheit und Mitnahme.